Sternentore

Wie der Sprungantrieb, erlaubt auch ein Sternentor den Transit über interstellare Distanzen durch den Extraspatialraum, welcher durch das Entfalten eines Superstrings auf drei Dimensionen geschaffen wird. Während dieser zeitlose Raum bei einem Sprungs nur für Sekundenbruchteile aufflackert, besteht er bei einem Tor dauerhaft. Die Alten Tore im Hyperion sind seit zehntausenden Jahren aktiv und selbst einige der Neuen Tore der Menschen bestehen seit etwa fünfhundert Jahren.

1. Von der Entwicklung des Sternentors

Die Grundlagenforschung, welche die Entwicklung des Sternentors ermöglicht hat, wird bereits im Abschnitt über den Sprungantrieb thematisiert und soll hier nicht wiederholt werden. Allerdings kann man aus der Sicht eines Extraspatialphysikers feststellen, dass es deutlich leichter ist, das Konzept des Sternentores aus dem Sprungantrieb abzuleiten als anders herum.

Ein erstes experimentelles Tor wurde am 17. Februar 2476 in Betrieb genommen. Der Test fand zweieinhalb Lichtjahre außerhalb des Alpha-Centauri-Systems statt. Bei der ersten erfolgreichen Aktivierung betrug die Distanz zwischen den beiden Portalen ein halbes Lichtjahr.

Das XS-XP-1 (Extraspatial-Experimentalportal-1), sowie zwei weitere Testanlagen, die in den folgenden Jahren errichtet wurden, bestanden zunächst noch aus einer festen Ringkonstruktion. Bald wurde dabei ein grundlegendes Konstruktionsproblem offenbar - beim Transit durch das Tor erzeugt ein Raumschiff Turbulenzen an der Grenze des Extraspatialraums, welche zu erheblichen strukturellen Belastungen am Portal selbst führen.

Eine Lösung für dieses Problem, bestand darin, das Portal in einzelne getrennte Segmente zu teilen. Ein entsprechendes Testsystem wurde 2496 eingerichtet und erfolgreich über eine Distanz von zweieinhalb Lichtjahren getestet.

Auf Basis dieser Plattform entstand das erste Sol - Alpha-Centaur - Tor - offiziell XS-SP-1 (Extraspatial-Segmentportal-1) welches am 01.01.2500 offiziell in Betrieb genommen wurde. Das Testsystem von 2496 (XS-XP-3) hatte sich außerdem so gut bewährt, dass man die Portale 2501 verlegte und zum Aufspannen des Sol - Tau-Ceti - Tor verwendete.

Schon diese ersten Segmentportale bestanden aus sechs Pylonen - den Berechnungen zufolge, bot diese Konfiguration die bestmögliche strukturelle Stabilität bei guter XS-Bindung. Dennoch wurden zur Prüfung und Bestätigung der aufgestellten Hypothesen zwei weitere Experimentalsysteme - XS-XP-5 und XS-XP-6 als Segmentportale - mit vier bzw. acht Segmenten errichtet.

Diese ersten Portale hatten einen XS-Querschnitt von zunächst 250 Metern (XS-XP-1) später bis 700 Meter (XS-SP-1).

Die sechs gewaltigen Pylonen eines modernen Sternentores, sind gegen den schwarzen Hintergrund des Sternenmeeres kaum auszumachen, die matte anthrazitschwarze Oberfläche scheint das wenige Licht der fernen Sonne fast aufzusaugen. Im steten Rythmus blitzen die Positionsleuchten - zweimal rot, dreimal gelb. Die Öffnung an sich ist dabei erstaunlich unspektakulär, ein Loch im Weltraum, bei modernen menschlichen Toren gut fünzehnhundert Meter weit, dahinter ein anderes Sternensystem. Nur ein leichtes violettes Flimmern am Rand lässt auf den Perimeter des Extraspatialraums schließen.

Wobei man natürlich anmerken muss, die wenigsten Sternenreisenden bekommen jemals ein Sternentor zu Gesicht und selbst echte Weltraumnomaden, die alle paar Wochen ein Tor durchqueren, haben höchtens eine Handvoll Tore wirklich gesehen. Schließlich passiert ein Raumschiff ein Sternentor üblicherweise mit zehn bis zwanzig Prozent der Lichtgeschwindigkeit - so dass von dem Punkt, an dem man es sehen könnte, bis zum Transit, nur Millisekunden vergehen.

2. Das Netzwerk der Kernwelten

Für die menschliche Kultur, war die Entwicklung des Sprungantriebs und des Sternentors ein notwendiger Schritt zur Ausweitung des Siedlungsgebiets auf die Sternensysteme rund um Sol. Die besiedelten Systeme wurden mit einem engmaschigen Netzwerk aus Sternentoren miteinander verbunden. Die Tore bilden eine wichtige Grundlage, nicht nur für den Handel, sondern auch für das Zusammenleben und die Gemeinschaft.

3. Distanztore

Der Begriff ist nicht genau definiert und war durch den technischen Fortschritt in den vergangenen Jahrhunderten einem steten Wandel unterworfen. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet ein Distanztor mittlerweile jedes Sternentor, das eine Strecke von mehr als 250 Lichtjahren überspannt.

Im wissenschaftlich-technischen Sprachgebrauch, ist der Begriff in dieser Form unüblich. Unterschieden wird aufgrund der verwendeten Technologie zur Anregung der Quantensysteme - Schwingungserregung oder Rotationserregung.

Die derzeitige technische Grenze für die Etablierung eines Tors mit einem schwingungserregten Quantensystem liegt bei einer Dämpfung auf 2,37x10‾⁸, was bei gut 175 Lichtjahren der Fall ist.

Das deutlich komplexere rotationserregte Quantensystem wurde bereits im Daedalus-Distanztor über eine Entfernung von 3000 Lichtjahren erfolgreich eingesetzt. Die maximale Distanz, über die eine Quantenverschränkung bislang gemessen wurde, lag bei 5217 Lichtjahren.

4. Die alten Tore

Jahrhunderte bevor die Menschen das Daedalustor öffneten und die Brücke nach Antares spannten, entdeckten Wissenschaftler der Hazaru, in ihrem Heimatsystem Saszcord, ein Relikt einer scheinbar längst vergangenen Kultur - ein Sternentor bestehend aus mattschwarzem Metall, ein Fenster in ein fernes Sternensystem.

Zwar verstanden die Echsenartigen lange Zeit nicht genau, wie dieses Portal tatsächlich funktionierte und sie wussten auch nicht, wer es geschaffen hatte. Das hielt sie jedoch nicht davon ab, es zu verwenden und jenseits dieser erste Passage fanden sie weitere ähnliche Portale. Und so breiteten sie sich über Generationen, entlang der Perlenschnüre aus Sternentorverbindungen, im Hyperion aus. Selbstverständlich wussten die Clans, dass diese Herangehensweise, wie ein Damoklesschwert über ihnen hing. Sie bauten ihren Einflussbereich auf den löchrigen Überresten des Reisenetzwerks einer längst vergangenen Zivilisation auf. Diverse still in ihren Orbits treibende, erloschene Portale waren ein deutlicher Hinweis darauf, dass diese Tore nicht ewig bestehen würden.

Die Hazaru forschten weiter, lernten auf ihren Reisen andere raumfahrende Spezies kennen. Keines der Völker, auf das sie trafen, beanspruchte für sich, Schöpfer dieses Netzwerks zu sein. Wissenschaftler der Hazaru ergründeten zwar im Laufe der Zeit die Physik hinter den Toren, doch so lange die bestehenden Tore funktionierten, bestand für keine Ihrer Fraktionen eine ersthafte Motivation, die exorbitanten Resourcen für den Bau eigener Sternentore aufzuwenden.

Als die Menschen im entlegenen Antares-System auf die Bühne des galaktischen Spiels traten, bestand ihre erste Handlung darin ein Sternentor aufzuspannen. Zu diesem Zeitpunkt waren sie die einzige Spezies, die nicht nur die theoretischen Grundlagen der Sternentore verstanden hatte, sondern diese unglaublich komplexen und unsagbar resourcenintensiven Maschinen tatsächlich errichtete. Natürlich konnten auch die Menschen nicht für sich reklamieren, die Erschaffer der Alten Tore zu sein.

Wie die Tore der Menschen, bestehen nahezu alle Alten Tore im Hyperion aus sechs einzelnen Segmenten. Es ist dabei offenkundig, dass diese Tore nicht einer einzelnen Fraktion zugeschrieben werden können. Gut die Hälfte der noch funktionstüchtigen Alten Tore wird den Triangolistoj zugeschrieben und etwa ein weiteres Drittel den Automatoj. Über die Erbauer der restlichen Tore ist jedoch deutlich weniger bekannt. Historiker und Ingenieure können über die Gesamtstruktur und die Ausmaße dieses Netzwerkes zu seiner Hochzeit allerhöchstens Mutmaßungen anstellen, es wird jedoch davon ausgegangen, dass weniger als 5% der damals vorhandenen Verbindungen heute noch aktiv sind.

Einige der noch aktiven Alten Tore haben einen Portaldurchmesser von mehr als fünftausend Metern und in einigen Sternensystemen wurden Pylonen von inaktiven Toren gefunden, die anhand ihrer relativen Größe im Vergleich zu ähnlichen Anlagen vermuten lassen, dass der aufrechterhalte Ereignishorizont eine Ausdehnung von deutlich über zehn Kilometern aufwies.

Historische Datenbank
"Ich fühle mich, ehrlich gesagt, ein wenig wie ein römischer Brückenbauingenieur, der vor der Spanncompactonbrücke über das Tahurnathal steht. Das was ich sehe, es ist ganz offensichtlich eine Brücke. Ich kann auch die Statik prinzipiell nachvollziehen und ahnen, was für Eigenschaften dieses Material haben müsste. Doch ich weiß bisher weder, was es ist, noch wie man es herstellt." - Johannes von Kalbenfels über die Alten Tore

In den folgenden zweihundert Jahren konnten so manche Geheimnisse der alten Tore gelüftet werden, andere werden die Wissenschaft wohl noch weitere Jahrhunderte beschäftigen. Viele der Erkenntnisse wurden bereits für den Bau neuer Tore umgesetzt.

5. Bau und Initialisierung eines Sternentors

Die Einrichtung eines Sternentors ist zunächst einmal eine kostspielige Angelegenheit. Jedes der zwölf Portalelemente enthält hochkomplexe Systeme für die Erschaffung des Tors und die Verankerung des Extraspatialraums. Dutzende Reaktoren für die Anregung der verschränkten Quantensysteme und die Bereitstellung der notwendigen Energiemenge für das Entfalten des Superstrings. Lagekontrollsysteme, die dafür sorgen, dass die Portalsegmente ihre relative Position zueinander halten. Und zu guter letzt müssen die Portale auch noch in die jeweilgen Systeme verbracht werden.

Es muss an dieser Stelle natürlich nicht weiter ausgeführt werden, dass ein verschränktes Quantensystem nicht selbst durch ein Sternentor verschifft werden kann. Und aufgrund der fragilen Natur der verschränkten Quantensystemen, sollte ein Raumschiff mit Portalelementen auch nicht mehr als ein Lichtjahr pro Sprung überwinden. Und selbst dabei besteht immer ein gewisses Risiko, dass es zu einer Entkopplung der Quantenverschränkung kommt. Es kann also Monate, sogar Jahre dauern, bis ein neues Distanztor etabliert ist.

6. Energiebedarf

Gerade im Hinblick auf die Existenz der alten Sternentore fragt sich der Laie gelegentlich, wie es sein kann, dass derartige Systeme über Äonen hinweg funktionsfähig bleiben. Hierzu ist anzumerken, dass nur das Aufspannen des Tores selbst massive Mengen an Energie verschlingt. Ein offenes Tor verbraucht nahezu keine Energie und selbst der Energieaufwand beim Transit einer Masse durch das Tor ist überschaubar. Betrachtet man im Gegenzug den Ausbruch an XS-Strahlung und exotischen Teilchen bei einem Massetransit lässt sich sogar aufzeigen, dass in absoluter Betrachtung der Energiebedarf eines Sternentors negativ ist. Die Alten Tore besitzen daher voll regenerative Energiesysteme. So weit sind wir noch nicht. Selbst das modernste von Menschen erbaute Sternentor würde keine Jahrtausende ohne Wartung oder Betankung mit Fusionsmasse überdauern.